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Heidelberg – Ein Wecker für schlafende Hirnstammzellen

Stamm zällenHeidelberg/Metropolregion Rhein-Neckar. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum erstellten ein molekulares Profil der neuronalen Stammzellen aus dem Gehirn von Mäusen. Dabei fanden sie heraus, dass der Botenstoff Interferon gamma bestimmte neuronale Stammzellen aus dem Schlaf weckt und ihre Aktivierung einleitet. Der Botenstoff, der bei Sauerstoffmangel und dadurch ausgelöste Schäden ausgeschüttet wird, lässt sich möglicherweise einsetzen, um Hirnstammzellen nach Verletzungen oder bei degenerativen Erkrankungen gezielt zu aktivieren.

Jahrzehntelang waren Forscher davon überzeugt, dass es sie gar nicht gibt: neuronale Stammzellen, die für die Regeneration im Gehirn sorgen. Inzwischen wurden diese Zellen bei allen Säugetieren nachgewiesen. Sie kommen vorwiegend in zwei definierten Bereichen des Gehirns vor: Im Hippocampus, wo sie bei der Gedächtnisbildung eine zentrale Rolle spielen, sowie in der subventrikulären Zone, dem größten Reservoir neuronaler Stammzellen beim erwachsenen Tier.

Die Stammzellen der subventrikulären Zone gelten als die Quelle der Gehirn-Regeneration. Sie sind keine einheitliche Zellpopulation. Wissenschaftler haben Hinweise darauf, dass sie bereits mit einer „Bestimmung“ versehen sind, unterschiedliche Entwicklungswege zu nehmen und zu verschiedenartigen Typen von Nervenzellen ausdifferenzieren können. „Besonders interessiert uns, wie wir Stammzellen nach einer Hirnschädigung dazu bringen können, das geschädigte Gewebe zu regenerieren. Wir wollten wissen, ob es molekulare Merkmale gibt, die solche Stammzellen mit regenerativem Potenzial kennzeichnen“, sagt Ana Martin-Villalba aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum. Enric Llorens-Bobadilla und Sheng Zhao aus Martin-Villalbas Abteilung erstellten nun ein molekulares Profil der neuronalen Stammzellen aus dem Gehirn von Mäusen. Dazu sequenzierten sie die gesamte RNA einzelner Stammzellen, also die Abschriften aller Gene, die in diesen Zellen aktiv sind.

Die Wissenschaftler entdeckten dabei, dass sich die neuronalen Stammzellen in verschiedenen Aktivierungsstadien befanden: Neben schlafenden und teilungsaktiven Stammzellen fanden sie auch Übergangsformen, die bereits aus dem Schlaf „geweckt“ waren, aber noch keine Teilungsaktivität aufgenommen hatten. Das charakteristische Merkmal der schlafenden neuronalen Stammzellen ist ihre extrem reduzierte Proteinsynthese. Je aktiver die Zellen sind, desto mehr Proteine synthetisieren sie und desto mehr drosseln sie ihren Zuckerstoffwechsel. Parallel dazu steigern diese Zellen
die Produktion an Transkriptionsfaktoren, die entscheidend sind für die Differenzierung zu bestimmten Zelltypen.

Um herauszufinden, wie die neuronalen Stammzellen auf Hirnverletzungen reagieren, lösten die Forscher bei Mäusen experimentell eine Mangeldurchblutung im Gehirn aus, bevor sie die Stammzellen isolierten. Die Analyse einzelner Zellen ergab, dass nicht alle neuronalen Stammzellen auf die Sauerstoff-Unterversorgung reagieren. Nur eine bestimmte Subpopulation der schlafenden Stammzellen ging in einen „aufgeweckten Ruhezustand“
über. Dies ging einher mit Aktivierung der Protein-Synthese und der Zellzyklus-Kontroll- Gene. Nun suchten die Forscher nach dem Botenstoff, der den Stammzellen das Sauerstoffmangel-bedingte Aktivierungssignal übermittelt. Es stellte sich heraus, dass Interferon gamma den Notfall signalisiert. Das Signalmolekül wirkt wie ein Wecker, der bestimmte neuronale Stammzellen aus ihrem tiefen Schlaf in einen vor-aktiven Zustand
versetzt.

Interessanterweise konnte Marieke Essers bereits vor einigen Jahren zeigen, dass auch schlafende Blutstammzellen durch Interferon alpha, einen verwandten Immunbotenstoff, geweckt werden. Essers forscht im Stammzell-Institut HI-STEM, das vom DKFZ und der Dietmar Hopp Stiftung gemeinsam getragen wird. „Nach Verletzungen oder bei vielen neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson geht es darum, geschädigtes Hirngewebe durch neue, funktionsfähige Nervenzellen zu ersetzen“, sagt Ana Martin-Villalba. Auch im gesunden Gehirn entstehen ständig neue Nervenzellen – allerdings nur ein sehr eingeschränktes Spektrum an Neuronen, die hauptsächlich für das Riechen zuständig sind oder neue Verbindungen im Hippokampus schaffen. Interferon gamma dagegen regt eine bestimmte Gruppe von Stammzellen dazu an, sich zu einer Vielzahl an Nervenzellen auszudifferenzieren, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen können. „Mit dem Wecker Interferon gamma lassen sich möglicherweise gezielt Regenerationsprozesse im Gehirn anregen, die die Leistungsfähigkeit der Betroffenen wiederherstellen könnten“, spekuliert die Neuroforscherin Martin-Villalba. „Unsere Arbeitsgruppe untersucht nun, wie das gelingen kann.“

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen
Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.

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