Neustadt/ Metropolregion Rhein-Neckar. WIR LIEBEN UND WISSEN NICHTS
am Dienstag, 03. März 2015, 20 Uhr
im Saalbau Neustadt an der Weinstraße
Die Kulturabteilung der Stadt Neustadt freut sich auf das spannende und überaus komische Stück, das am 03. März 2015 im Saalbau Neustadt vom EURO-Studio Landgraf aufgeführt wird. „Wir lieben und wissen nichts“ lautet der Titel des tragikomischen Schauspiels von Moritz Rinke. Es zeigt zwei Paare, die ihr Leben und ihre Probleme eigentlich im Griff haben, bis sie ihre Wohnungen tauschen. Meisterhaft dargestellt werden die Protagonisten durch die fernsehbekannten Schauspieler Elisabeth Degen, Teresa Weissbach, Uwe Neumann und Helmut Zierl.
Die Regie bei dem Schauspiel, das dem Zuschauer immer wieder den Spiegel vorhält, führt Rüdiger Hentzschel, für die Ausstattung sorgte Marcus Ganser.
Der Inhalt
Die Ausgangssituation ist unverfänglich: Zwei Paare treffen sich zum berufsbedingten Wohnungstausch. Karrierefrau Hannah hat einen Superjob in Zürich, als Zen-Coach für gestresste Bankmanager. Ihr Langzeit-Freund, der sensible Sebastian, der z. B. Über die kulturhistorische Bedeutung der Katze am Beispiel der Malerei schreibt, soll sie begleiten. In ihre Wohnung ziehen währenddessen die Tier-Physiotherapeutin Magdalena und ihr Mann Roman. Roman, ein klassischer, immer unter Strom stehender, nicht nur im Hier und Jetzt, sondern auch noch im All voll vernetzter Alles-Im-Griff-Typ, ist das Gegenteil von Sebastian, der an der mobil-modernen Welt verzweifelt, in der man via Passwörtern und PIN-Codes zwar Zugang zu allem Möglichen erhält, nur nicht zu sich selbst. In Roman, der immer Recht hat, weil er eben immer Recht hat, erkennt Sebastian auf Anhieb seinen Erzfeind – im Gegensatz zu Hannah, die Gefallen an seinen Macherqualitäten findet. Umgekehrt wird Magdalena von Sebastians Melancholie magisch angezogen.
Im Offenen wie im Unterschwelligen geraten die vier und ihre Beziehungen immer mehr auf Kollisionskurs. Bereits seit längerem schwelende Krisen brechen auf. Doch da niemand wirklich zuhört, ‘wird immer deutlicher, dass die Menschen nicht zueinander kommen können, weil sie selbst nicht bei sich sind.’¹. Alles ist miteinander vernetzt, aber die Entfernungen zwischen den Menschen werden immer größer. ‘Jeder lebt an jedem vorbei. Und am Leben. Am angestammten Partner sowieso. Doch auch mit der Überschreibung der Goethe’schen Wahlverwandtschaften, die sich abzuzeichnen scheint, soll es nichts werden.’²
So ist es eben: Sie lieben und wissen nichts.
Am Schluss dieser äußerst komischen Beziehungstragödie hat Hannah ihren Kurs verpasst, Sebastian ist angeschossen, Magdalena, die auch mit ihren weitgehenden Kenntnissen über die sexuellen Aggressionsvermeidungsstrategien der Bonobos keinen Konflikt verhindern konnte, macht sich mit dem Koffer, mit dem ihre Großmutter 1955 in Schweden ihren Mann verlassen hatte, davon, und Roman, der fanatische Technik-Zampano, ist noch ganz ohne Passwort für sein weiteres Leben.
¹Gerd Klee, Wiesbadener Kurier/ Allgemeine Zeitung Mainz, 17.12.2012.
²Stefan Michalzik, Offenbach Post, 17.12.2012. Die Kursivtexte sind Zitate aus dem Stück.
Der Autor
Moritz Rinke
Rinkes temporeiche, amüsant geschliffene Dialoge, unter denen er sein szenisches Dynamit verbirgt, machen Theaterbesucher, Regisseure wie Leser süchtig – denn neben vielen Bühnenwerken wurden auch seine geistreichen Essays publiziert. Mit Kolumnen und Reportagen, u. a. für die FAZ, die Süddeutsche Zeitung, DIE ZEIT und Theaterheute, hat Rinke nach seinem Studium (Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen) seine schriftstellerische Laufbahn begonnen.
Im Anschluss an sein Volontariat wurde er Redakteur des Berliner Tagesspiegels. Für seine Reportagen „Ein Tag mit Marlene“ und über die Love-Parade 1997 erhielt er 1995 und 1998 den renommierten Axel-Springer-Preis. Und als Preisträger des PEN-Club Liechtenstein macht auch der angehende Theaterautor 1997 mit „Der Mann, der noch keiner Frau Blöße entdeckte“ schlagartig auf sich aufmerksam.
Dass sich mit diesem, seinem zweiten Stück, ein zukünftiger Theater-Hochprozenter ankündigt, beweist die Einladung zu den – für die Autoren so wichtigen – Mülheimer Theatertagen. Mit den ebenfalls nominierten Stücken „Republik Vineta“ (2001), „Die Optimisten“ (2004) und dem Arbeitslosen-Stück „Café Umberto“ (2006) bestätigt Rinke seinen Ruf als formal wie inhaltlich gleichermaßen anspruchsvoller Autor, dessen Dialoge folgerichtig und trotzdem unvorhersehbar, überzeugend und überraschend zugleich sind.
Für seine Figuren, die er in Anlehnung an Musil Möglichkeits- und Wirklichkeitsmenschen nennt, die er ebenso liebevoll wie gnadenlos zeichnet, ist der Abgrund immer nur einen Schritt entfernt.
In der Kritikerumfrage der Zeitschrift Theaterheute wird „Republik Vineta“, eines seiner meistgespielten Stücke, das 2008 auch verfilmt wurde, zum besten deutschsprachigen Stück der Spielzeit 2000/2001 gewählt.
Das TV-Publikum kennt Moritz Rinke durch die Ausstrahlung seiner drei für die Nibelungenfestspiele in Worms geschriebenen, ganz verschiedenartigen Stücke zum Thema Nibelungen.
Schauplatz seines ersten, wochenlang auf den Bestsellerlisten stehenden, leicht biografisch getönten Romans „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“ ist Rinkes Geburtsort Worpswede.
In dem Film „September“, 2003 bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes uraufgeführt, debütierte er in der von ihm geschriebenen Episode als Schauspieler. 2006/07 lehrte Moritz Rinke als Gastdozent Szenisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.
Über den in Berlin lebenden Autor erschien 2010, herausgegeben von dem Literaturwissenschaftler Kai Bremer: Ich gründe eine Akademie für Selbstachtung. Moritz-Rinke-Arbeitsbuch.
Zu dem Stück gibt es keine Einführung.
Karten (10 bis 20 € und Ermäßigungen) erhältlich bei der Kulturabteilung, Friedrichstraße 1, Telefon 06321 855-404. Montag – Freitag 9:30 – 12:30 Uhr, Montag – Mittwoch 14:00 – 16:00 Uhr und Donnerstag 14:00 – 17:00 Uhr.
Am Veranstaltungstag an der Konzertkasse eine Stunde vor Beginn der Vorstellung. –
Online-Ticketing: www.ticket-regional.de