Speyer (is)/ Metropolregion Rhein-Neckar. 1027: Gründung des Speyerer Domes
Neues Buch in der Schriftenreihe des Diözesan-Archivs Speyer: Bauanalyse und Archäoastronomie führen zu Neudatierung – Domjubiläum bereits 2027?
. Nicht 2030, sondern bereits drei Jahre früher sollte nach Auffassung des österreichischen Bauingenieurs Professor Dr. Erwin Reidinger die 1000-Jahr-Feier des Speyerer Domes stattfinden. In einem neu in der Schriftenreihe des Diözesan-Archivs Speyer erschienenen Werk vertritt Reidinger nicht zuletzt aufgrund astronomischer Untersuchungen die These, eigentlicher Gründungstag der romanischen Kathedrale sei der 29. September 1027 – der Festtag des Erzengels Michael, dem der Dom von Anfang an zum Schutz anvertraut worden sei.
„Um 1030“ habe Kaiser Konrad II. den Grundstein zum Dom gelegt, so die landläufige Meinung, die allerdings schon bisher nicht unumstritten war. So plädierte etwa Professor Dr. Hans Ammerich, ehemaliger Leiter des Speyerer Bistumsarchivs, in seiner 2011 erschienenen Bistumsgeschichte für einen Termin „um 1027“. Reidinger wird noch exakter: Als Orientierungstage für die Anlage des Domes nennt er für das Langhaus den 25. September 1027 sowie – als entscheidendes Datum – den 29. September 1027 für den Chor. Dieser Tag sei wohl auf Anordnung Konrads für die „heilige Orientierung des Chores“ bestimmt worden.
Der österreichische Bauexperte betont, die Rekonstruktion des Dom-Bauplanes im historischen Maßsystem lasse die Abmessungen in runden Planungswerten erkennen. „Was früher als Baufehler abgetan wurde, stellte sich als geplant heraus, insbesondere der schiefwinklige Chor, der auf einer getrennten Orientierung von Langhaus und Chor nach der aufgehenden Sonne beruht und deshalb als ein ‚Achsknick‘ erscheint.“
In einer Einführung bietet Reidinger zunächst Allgemeines zum Thema „Orientierung von Heiligtümern und Achsknick“. Als Beispiele nennt er nicht nur christliche Kirchenbauten wie „Alt St. Peter“ in Rom und den Passauer sowie den Wiener Dom, sondern bezieht auch antike Tempel ein. Er verweist darauf, dass der Orientierungstag deutlich vom Tag der Grundsteinlegung zu unterscheiden sei. Für die Definition des Gründungsdatums einer Kirche hält er den Orientierungstag für maßgeblich: „In dieser heiligen Handlung der Orientierung“ sieht er „den spirituellen Höhepunkt bei der Anlage einer Kirche, der sich in der Ausrichtung des Gebäudes wieder findet.“
Seinen Beweisgang für den Speyerer Dom tritt Reidinger mittels Bauanalyse und Archäoastronomie (astronomische Deutung und Interpretation archäologischer Ausgrabungen oder Baudenkmäler) an. Mehr als 60 Domfotos, -ansichten, -grundrisse, -längsschnitte und geometrische Darstellungen illustrieren seine Detailuntersuchungen, die schließlich zu einer Gesamtbewertung aufgrund naturwissenschaftlicher, historischer und liturgischer Fakten führen.
Reidinger versteht die von ihm vorgeschlagene Lösung des Gründungsdatums der Speyerer Kathedrale auch als Antwort des Domes selbst: „Ihm kommt der Rang eines Dokumentes in Stein zu, das verlorenes Wissen über die im Projekt umgesetzten Orientierungstage wiedergibt.“
Buchtipp: Erwin Reidinger, 1027: Gründung des Speyerer Domes. Sonne – Orientierung – Achsknick – Gründungsdatum – Erzengel Michael (= Schriften des Diözesan-Archivs Speyer Band 46), Annweiler 2014, ISBN 978-3-942133-76-0, 19,80 Euro (erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Pilger-Verlag 0 63 46/96 33 50, 19,80 Euro)