Ludwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar – „Boxom“ [boçɔɲ] aus der im Senegal weit verbreiteten Sprache Wolof ist ein dort oft für die eigene Gesellschaft verwendetes Bild: ein zusammengeknülltes Papier. Ein dynamisches Netz aus Faltlinien entsteht, Metapher für die vielfältigen Zusammenhänge, in denen die Menschen verbunden sind.
Mit Tänzerinnen und Tänzern aus Afrika und Europa entfaltet der renommierte Choreograph Helge Letonja in seinem gleichnamigen Tanztheaterstück Aspekte des „Boxom“ und befragt dabei westafrikanische Realitäten mit Blick nach Europa und umgekehrt. In seinem Ensemblestück (Dramaturgie: Anke Euler), das am Freitag, 31.10. und am Samstag, 1.11.2014, jeweils um 19.30 Uhr im Rahmen der Festspiele Ludwigshafen im Theater im Pfalzbau uraufgeführt wird, formt er Elemen¬te aus den verschiedenen Tanzsprachen, Live-Gesang, lichte und raue szenische Momente zu transkultureller Tanzkunst. Individuen und gegensätzliche Lebenswelten treffen hier aufeinander, ringen mit star¬ren Strukturen oder suchen nach Sicherheit bietenden Auswegen. Das Aufbegehren der drei Frauen und sechs Männer auf der Bühne heißt Liebe, sie rebellieren gegen gesellschaftlichen Druck und globales Machtge¬fälle und enthüllen ihre wechselseitigen Prägungen und Projek¬tionen. Boxom zeigt die Verflochtenheit des scheinbar so fernen Geschehens mit unserem eigenen Dasein.
Im Kostümbild der international gefeierten Modedesignerin Adama Paris aus Dakar treffen traditionelle Stoffe auf zeitgenössische Stilkombinationen. Die aufstrebende Soulmusikerin Y’Akoto komponiert eigens für das Stück persönliche, aufständische Songs, die live von den Performern gesungen werden. Florian Tippe webt den Klangteppich mit und um ihren Sound: Viele Sprachen mischen sich in Bewegungen, Musik, Worten, Bildern zu Boxom. Das Ensemble besteht aus den Tänzerinnen und Tänzern Kossi Sébastien Aholou-Wokawui, Thierno Ibrahima Diedhiou, Mamadou Dieng, Soraya Ebelle, Ziv Frenkel, Nestor Kouame, Medoune Seck, Alesandra Seutin und Claudia Voigt.
Das Tanztheaterstück, dessen Endproben in Ludwigshafen stattfinden, – die erste von sieben Uraufführungen im Rahmen des Tanzfestivals Africtions – entsteht als Koproduktion von steptext dance project mit dem Theater im Pfalzbau, in Kooperation mit École des Sables/ Jant-Bi, Toubab Dialaw, Senegal. Es wird gefördert vom Senator für Kultur in Bremen.
„Von Deutschland aus erscheinen die Extreme in der westafrikanischen Gesellschaft stärker, wo Altes mit Neuem fusioniert und große Kreativität freisetzt, wo traditionelle Kulturen mit Einflüssen des globa¬len Zeitalters wetteifern, Werte wanken, Widersprüche zwischen selbstbestimmter Lebensge¬staltung, ökonomischen Zwängen, religiösen, sozialen, familiären Werten und Tabus aufklaf¬fen. Und während wir in der Fremde in den Spiegel schauen und weltweite Machtstrukturen offen zu Tage treten, sind wir konfrontiert mit der fremden und doch oft eigenen Idee, bei uns in Europa wäre alles besser…“ Helge Letonja.