CDU-Wahlsieg und starke Linke
Mögliche Linke-Regierungsführung polarisiert (Mannheim, 14.9.2014) Die thüringische Landtagswahl gewinnt nach leichten Zugewinnen wie bislang immer die CDU, eine erneut starke Linke liegt klar vor einer extrem schwachen SPD. Neben den Grünen schafft es mit einem sehr guten Ergebnis die AfD nun auch in Thüringen in den Landtag, die FDP verliert nach Sachsen und Brandenburg zum zehnten Mal in dreieinhalb Jahren ihre Mandate auf dieser Parlamentsebene.
Dass die CDU trotz AfD-Erfolg, politischen Affären und einer nur mäßig überzeugenden Ministerpräsidentin leicht zulegen kann, ist nach zwei extrem verlustreichen Landtagswahlen zunächst Ausdruck von Normalisierung im seit 1990 klar christdemokratisch beherrschten Thüringen. Neben fehlender Wechselstimmung und FDP-Absturz sind hierbei eine verbesserte Regierungsbilanz, der Rückgewinn von Parteiansehen und viel ökonomische Sachkompetenz die Hauptgründe für den Wahlsieg.
So ist für 61 Prozent der Befragten an erster Stelle „die Politik der CDU“ verantwortlich für die gute wirtschaftliche Situation im Land, die sowohl ganz allgemein als auch im Privaten jetzt deutlich mehr Thüringer positiv beschreiben als 2009. Für inzwischen 64 Prozent (2009: 55
Prozent) hat Thüringen viel Zukunftspotenzial – und für 36 Prozent die CDU die beste Politik zur Lösung zukünftiger Probleme, wogegen Linke und SPD hier nur von 16 bzw. zwölf Prozent genannt werden (alle anderen/keine Partei/w.n.: neun/13/14 Prozent).
Neben wieder besseren Noten für ihre Regierungsarbeit – auf der
+5/-5-Skala nach schwachen 0,2 vor fünf Jahren nun bei 0,9 – schafft die
CDU eine Imagekorrektur: 2004 und 2009 bei der Reputation eingebrochen, genießt die seit 1990 regierende Partei mit 1,1 (2009: 0,7) nun wieder das relativ höchste Ansehen im Land. Während die SPD (0,9; 2009: 0,8) praktisch stagniert, schaffen es Grüne (0,3; minus 0,2) und Linke 0,7
(2009: minus 0,2) aus dem Negativbereich, wobei die Linke ihr bisher bestes Parteiimage in einem Bundesland erzielt.
Sachpolitisch hat die Linke sehr spezifische Qualitäten: Beim Top-Thema Jobs sowie wirtschaftspolitisch abgeschlagen hinter der CDU, genießt sie in puncto Soziale Gerechtigkeit klar das meiste Vertrauen und liegt mit CDU und SPD bildungs- und familienpolitisch auf Augenhöhe. Leichte Defizite gibt es hingegen beim Personal: Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow erreicht auf der +5/-5-Skala im Schnitt 0,9, Heike Taubert (SPD) hingegen 1,3 und Christine Lieberknecht (CDU) 1,2, die allerdings im Ministerpräsidenten-Vergleich genau wie bei ihrer persönlichen Arbeitsbilanz schwach abschneidet. Während Lieberknecht für deutlich mehr Befragte „zu Thüringen passt“ als Ramelow, sieht eine Mehrheit in Sachen Glaubwürdigkeit, Sympathie oder Sachverstand keine Unterschiede.
Letztendlich bevorzugen 49 Prozent aller Befragten Christine Lieberknecht und 39 Prozent Bodo Ramelow als Regierungschef/in.
Was das Abschneiden der Parteien in einzelnen Gruppen betrifft, ist die CDU – ähnlich wie im Bund oder zuletzt in Sachsen – bei Frauen mit 37 Prozent stärker als bei Männern mit 34 Prozent. Bei den ab 60-Jährigen, anderswo oft der Garant für starke CDU-Ergebnisse, liegen die Christdemokraten mit 36 Prozent nur marginal über ihrem Gesamtniveau und auch nur noch knapp vor der Linken: Diese kommt in dieser beteiligungsstarken Gruppe auf 34 Prozent. Bei den unter 45-Jährigen ist die Linke dagegen genau wie die SPD auffällig schwach, die Grünen erzielen hier ihre besten Ergebnisse.
Die AfD, die in einem ökonomisch gefestigten Umfeld und ohne echte
Protest- oder Krisenstimmung das dritte Landesparlament in zwei Wochen erobert, wird bei allen unter 60-Jährigen klar zweistellig. Bei den 18- bis 29-Jährigen liegt sie mit 15 Prozent vor der SPD und nur knapp hinter der Linken, bei den ab 60-Jährigen erreicht die „Alternative“ sieben Prozent.
Insgesamt 26 Prozent wählen die AfD als „Denkzettel“, aber 73 Prozent „wegen derpolitischen Inhalte“. Zwar sehr geschätzt in den eigenen Reihen, und hier für 92 Prozent „die einzige Partei, die die Probleme wirklich benennt“, hat die AfD in Thüringen insgesamt mit minus 1,4 ein ebenso schlechtes Ansehen wie die FDP mit minus 1,4 (2009: 0,3).
Entsprechend heftig sind die Vorbehalte gegenüber einer CDU-AfD-Koalition, die 63 Prozent ablehnen und nur 16 Prozent gut heißen würden.
Mehrheitliche Zustimmung gibt es nur für eine Regierung aus CDU und SPD
(gut: 43 Prozent; schlecht: 37 Prozent), bei Rot-Rot-Grün überwiegt – wenn auch weniger deutlich als 2009 – die Kritik (gut: 39 Prozent;
schlecht: 45 Prozent). Vor die Wahl gestellt, würden knapp zwei Drittel der SPD-Anhänger eine schwarz-rote Neuauflage dem Novum einer Linke-geführten Landesregierung vorziehen. Zwar sieht in einem solchen Bündnis die Mehrheit von 61 Prozent aller Befragten „keine Gefahr für den wirtschaftlichen Erfolg Thüringens“. Dass aber die Linke den Ministerpräsident stellen und eine Regierung führen kann, bezweifeln 48 Prozent aller Befragten, 47 Prozent trauen dies der Linken dagegen zu.
Die Zahlen basieren auf einer telefonischen Befragung der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.294 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Thüringen in der Woche vor der Wahl sowie auf der Befragung von 15.070 Wählern am Wahltag.