Mannheim / Metropolregion Rhein Neckar -Gestern Abend legte die Schulentwicklungskommission „weiterführenden Schulen“ ihre abschließende Empfehlung für die Zukunft der Werkrealschulstandorte in Mannheim vor. Seit März 2013 tagte die Kommission mit dem Ziel, auf fachlicher Grundlage Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Schullandschaft zu entwickeln.
Die Schulentwicklungskommission hat sich mit großer Mehrheit für den Erhalt folgender Werkrealschulen ausgesprochen: Seckenheimschule, Waldschule, Humboldtschule, Johannes-Kepler-Schule und Pfingstbergschule. Mit knapper Mehrheit bei zahlreichen Enthaltungen hat sich die Kommission für den Erhalt der Uhlandschule ausgesprochen. Einstimmig wurde für die Aufgabe der Schillerschule und der Pestalozzischule votiert; mehrheitlich für die Aufgabe der Geschwister-Scholl-Werkrealschule, Friedrich-Ebert-Werkrealschule, Konrad-Duden-Werkrealschule.
„Die Empfehlung der Schulentwicklungskommission gestattet eine grundsätzliche Entscheidung über Weiterentwicklung und Gestaltung der Werkrealschullandschaft in Mannheim und bietet allen betroffenen Schulstandorten eine Perspektive und klare Orientierung für die weitere Schulentwicklung. Auf der Grundlage der derzeitigen Empfehlung sind nun auch Aussagen über nachhaltige Schulbauinvestitionen möglich“, betonte Bildungsbürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb.
Die Schließung der Werkrealschulen bedeutet nicht, dass damit auch der Schulstandort aufgegeben wird. An den betroffenen Schulstandorten werden die weiterhin vorhandenen Schultypen, ob Grund- oder Realschulen weiterentwickelt. „Dadurch haben wir die Chance, die verbleibenden Schulen qualitativ auszubauen. An mehreren Standorten kann beispielsweise die Grundschule im vorhandenen Gebäude zur Ganztagesschule unter Berücksichtigung der Inklusion und moderner pädagogischer Konzepte ausgebaut werden“, erklärte die Bildungsdezernentin.
Insbesondere der Werkrealschulbereich ist landesweit von großen Umbrüchen und längerfristigen Veränderungsprozessen im Zuge des Wegfalls der Verbindlichen Grundschulempfehlung und des demographischen Wandels betroffen, in dessen Folge es angesichts nachhaltend geringerer Anmeldungen zur Aufgabe von Werkrealschulen kommt. Die Empfehlungen der Schulentwicklungskommission werden gemeinsam mit den Schulleitern erörtert und in einer Beschlussvorlage dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt, die im Bildungsausschuss am 25. Juni 2014 beraten wird.
Hintergrundinfos:
In der Schulentwicklungskommission unter Vorsitz von Bürgermeisterin Dr. Freundlieb sitzen Vertreter der Parteien im Gemeinderat (in der Regel die Bildungspolitischen Sprecher der Fraktionen), Vertreter der Stadtverwaltung, des Regierungspräsidiums, des Staatlichen Schulamtes, des Schulbeirates (Geschäftsführende Schulleiter, Gesamtelternbeirat, Personalvertretung der Lehrer, Schülervertreter, Kammern, Schuldekan) sowie von den Schulen entsandte Vertreter der jeweiligen Schularten.
Die demographische Entwicklung in Baden-Württemberg und das sich verändernde Schulwahlverhalten der Eltern führten zu zahlreichen bildungspolitischen Reformen und zu den wohl größten Veränderungen der Schullandschaft der vergangenen Jahrzehnte. Der bereits bestehende, überdurchschnittliche Rückgang der Anmeldezahlen an den Werkrealschulen verstärkte sich nach dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung drastisch. In ihrer Funktion als Schulträger sieht sich die Stadt Mannheim vor der großen Herausforderung einer langfristigen und zukunftsorientierten Weichenstellung für die Weiterentwicklung der kommunalen Schullandschaft, die es allen Schülerinnen und Schülern ermöglicht, den von ihnen gewünschten Bildungsabschluss entsprechend ihrer Begabungen und Fähigkeiten bei gleichzeitig effizientem Ressourceneinsatz zu ermöglichen. In der Jahresabschlusssitzung des Gemeinderats 2012 empfahl Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz daher die Einrichtung einer Schulentwicklungskommission unter dem Vorsitz von Bildungsdezernentin Dr. Ulrike Freundlieb, um die Zukunft aller allgemeinbildenden weiterführenden Schulen in Mannheim zu beleuchten.
Gymnasien: Die Übergangsquoten auf die Gymnasien stiegen aufgrund des Trends zu formal höheren Schulabschlüssen stetig an. Im Schuljahr 2013/14 wechseln 49,7 Prozent der Viertklässler auf ein Gymnasium. Betrachtet man jedoch die absolute Anzahl der Gymnasialschüler, lässt sich feststellen, dass die absolute Anzahl der Gymnasialschüler trotz der verstärkten Nachfrage das Schülermaximum zu Zeiten von G8/G9 perspektivisch nicht erreichen wird. Dies erklärt sich durch den allgemeinen demographischen Rückgang der Schülerzahlen insgesamt. Aus Sicht der Schulentwicklungskommission besteht kein Bedarf, zusätzliche Flächen für Gymnasien zu generieren. Vielmehr gilt es, die Qualität der bestehenden Schulstandorte an die jeweiligen Anforderungen anzupassen und die vorhandenen Flächen zu nutzen.
Realschulen: Auch an den Realschulen stiegen die Übergangsquoten in den letzten zehn Schuljahren kontinuierlich an. Der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung im Schuljahr 2012/13 führte zu einem weiteren Anstieg der Nachfrage und im 2013/14 wechseln 26,9 Prozent der Viertklässler auf eine Realschule. Die absolute Schüleranzahl bleibt aufgrund der demographischen Entwicklung trotz steigenden Übergangsquoten auch hier weitgehend stabil. Zusätzlicher Raumbedarf, der perspektivisch für beispielsweise individualisiertes Lernen, Ganztagsbetrieb und Inklusion benötigt werden könnte, kann durch freiwerdende Kapazitäten der weniger nachgefragten Werkrealschulen gedeckt werden, so dass aus Sicht der Schulentwicklungskommission an den Realschulen kein Bedarf besteht, zusätzliche Flächen zu generieren. Jedoch ist auch hier die Qualität der bestehenden Schulstandorte an die jeweiligen Anforderungen anzupassen.
Werkrealschulen: Die Werkrealschulen sind am stärksten vom sich veränderten Schulwahlverhalten der Eltern verbunden mit dem Trend zu formal höheren Schulabschlüssen sowie dem demografisch bedingten Schülerrückgang betroffen. Die Übergangsquoten auf die Werkrealschulen sinken seit dem Schuljahr 2004/05 stetig. Durch den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung halbierten sich die Grundschulübergangszahlen auf die Werkrealschulen innerhalb von zwei Schuljahren. (Schuljahr 2011/12: 22,1 Prozent und Schuljahr 2012/13: 12,1 Prozent). Im Schuljahr 2013/14 konnten nur vier Werkrealschulen zwei Eingangsklassen bilden. Sieben von elf Werkrealschulen bildeten nur eine fünfte Klassestufe.